Einfluss der Sinnesorgane

Trotz der weitverbreiteten Meinung, dass Lerntypen vorhanden sind, konnten bisher noch keine empirischen Beweise vorgelegt werden, dass diese tatsächlich existieren. Untersuchungen zeigten aber, dass Wissen von unterschiedlichen Personen, durch unterschiedliche Wahrnehmungskanäle, verschieden gut aufgenommen wird. Zudem ist in gleichen Untersuchungen festgestellt worden, dass eine Wissensbereitstellung über mehrere parallele Wahrnehmungskanäle eine bessere Speicherung ermöglicht (Hamann, 2006, S. 39ff).

Obwohl über die Existenz der Lerntypen kontrovers diskutiert wird, ist eine Lerninhaltgestaltung, die verschiedene Wahrnehmungskanäle befriedigt vorteilhaft, da mehr Informationen über die verschiedenen Sinnesorgane aufgenommen werden können. Folgende Tabelle zeigt auf, wie viel Bit ein Mensch durch seine Sinnesorgane aufnehmen kann.

Sinnesorgan Bandbreite (Bit/Sek)
Auge 10.000.000
Haut 1.000.000
Ohr 400.000
Nase 20
Geschmack 13

Tabelle:Aufnahmebandbreite der Sinnesorgane (Hühholdt, 1993, S. 247)

Es wird deutlich, dass durch das Sehen die meisten Informationen aufgenommen werden. Für eine Online-Lernplattform fallen die Haut, Nase und der Geschmack weg, da Haptik, Gerüche und Geschmäcker über Netzwerke nicht übertragen werden können. Neben der Aufnahme der Informationen ist auch die Verarbeitung im Gehirn unterschiedlich.

Wissenschaftler des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) wiesen nach, dass bei verschiedenen Eingabeinformationen unterschiedliche Gehirnbereiche genutzt werden. Genauer wurde nachgewiesen, dass bei passivem Lesen von Schwarz-Weiß-Texten, beim Betrachten farbiger Bilder, bei bewusstem Nachdenken, beim Sprechen, beim Hören von Sprechtexten, beim Schreiben, beim Zeichnen und bei Ganzkörper-Bewegungen andere Gehirnareale genutzt werden. Weiter konnten, u. a. die neurobiologischen Untersuchungen des ZNL nachweisen, dass bei der Nutzung unterschiedlicher Gehirnbereiche die Vernetzung der Gehirnneuronen verstärkt wird. Daraus folgt, dass die Informationen besser gespeichert werden (ZNL, 2009).

Die Betrachtung der Lerntypen macht deutlich, dass eine Individualisierung des Lerninhaltes auf den Lernenden und seine speziell ausgeprägten Wahrnehmungskanäle durchgeführt werden sollte. Allerdings hat eine reine Spezialisierung auf einen Wahrnehmungskanal den Nachteil, dass der Lerninhalt mehrfach zu erzeugen ist. Eine Ausarbeitung, die verschiedene Kanäle zufriedenstellt, umgeht diesen Nachteil. Idealerweise wird der Lernstoff so ausgearbeitet, dass möglichst viele Kanäle befriedigt werden. Neben der reinen Befriedigung der Lerntypen wird somit sichergestellt, dass das Maximum an Eingabeinformationen aufgenommen werden kann und durch eine Nutzung verschiedener Gehirnbereiche, eine optimale Vernetzung der Gehirnneuronen erzielt wird. Damit wird deutlich, dass die Ausschöpfung der verschiedenen Wahrnehmungskanäle einen optimalen Lernerfolg ermöglicht.